Nießbrauch und Wohnrecht – Zwei Begriffe mit vielen Gemeinsamkeiten aber auch essentiellen Unterschieden
Gern werden die Begriffe Nießbrauch und Wohnrecht im Sprachgebrauch vermischt. Das führt oftmals zu unrichtigen Darstellungen und auch zu großen Missverständnissen.
Obgleich die beiden Begriffe einige Gemeinsamkeiten haben, gibt es auch ganz gravierende und essentielle Unterschiede, deren Kenntnis für die Betroffenen und Anwender wichtig ist.
Nur so kann zum Beispiel ein Immobilienverkauf erfolgen, bei dem alle Parteien = Käufer und Verkäufer allumfassend informiert sind.
Der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht
Das Wohnrecht ist im BGB § 1093 niedergeschrieben und verankert.
Das Wohnrecht bezieht sich auf die reine Nutzung der Immobilie zu Wohnzwecken. Kurz gesagt:
Wer ein Wohnrecht besitzt, darf in dem Haus oder der Wohnung wohnen. Darüber hinaus darf er alle gemeinschaftlich genutzten Bereiche der Liegenschaft nutzen. Bei Wohnanlagen könnte dies beispielsweise der Garten oder Gemeinschaftskeller mit Waschküche sein. Beachtenswert ist ferner, dass solch ein Wohnrecht einer Person oder mehreren Personen zugesprochen werden kann.
Zur Erläuterung hier ein Beispiel:
Ein Seniorenehepaar verschenkt sein Haus zu Lebzeiten an den Sohn. Das Ehepaar möchte allerdings weiterhin im Haus wohnen. Sie verlangen daher, dass ein Wohnrecht zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragen wird.
Der Sohn lässt das Wohnrecht im Rahmen der Schenkung in das Grundbuch eintragen.
So hat das Ehepaar die grundbuchlich zugesicherte Garantie, in dem Haus wohnen bleiben zu können. Eine Kündigung ist nicht möglich.
Allerdings begrenzt sich das Recht fortan lediglich auf das Wohnen. Ein Auszug und die anschließende Vermietung des Hauses zur Generierung einer Mieteinnahme ist für die Eheleute auf Basis des Wohnrechts nicht mehr möglich.
Noch weiter als das Wohnrecht geht der Nießbrauch, der sich im BGB in § 1030 nachlesen lässt.
Der Nießbraucher darf nicht nur in dem Haus oder der Wohnung wohnen, sondern darf daraus auch wirtschaftlichen Gewinn erzielen – z. B. durch Vermietung oder Verpachtung.
Zur Erläuterung auch hier ein Beispiel:
Ein Ehepaar verkauft ein Mehrfamilienhaus an einen Investor, weil die Kinder inzwischen ausgezogen sind und das Haus nicht übernehmen möchten. Das Ehepaar erhält vom Investor im Gegenzug ein Nießbrauchsrecht, welches im Grundbuch verankert ist. Somit können sie das Mehrfamilienhaus weiterhin bewohnen und können zusätzlich die leerstehenden Wohnungen vermieten und die Mieteinnahmen einstreichen.
Beide Rechte – das Wohnrecht auf Lebenszeit und der Nießbrauch – haben Gemeinsamkeiten. So lassen sich Nießbrauch und Wohnrecht auf Lebenszeit bestellen.
Das bedeutet, dass diese Rechte erst erlöschen, wenn der jeweils Begünstigte des Nießbrauchs oder des Wohnrechts verstirbt.
Theoretisch ist es auch möglich, beide Rechte zeitlich auf eine bestimmte Anzahl von Jahren oder Monaten zu begrenzen, dies ist aber unüblich.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass sowohl der Nießbrauch als auch das Wohnrecht auf Lebenszeit zur Erlangung ihrer Wirksamkeit in das Grundbuch eingetragen werden müssen.
Dafür ist eine notarielle Erklärung des Immobilieneigentümers erforderlich.
Beim Wohnrecht wird im Grundbuch eingetragen, für welche Immobilie und welche Räumlichkeiten der Begünstigte ein Wohnrecht erhält. Übertragen kann man ein solches Recht nicht, auch das Vererben des Wohnrechts ist ausgeschlossen.
Durch die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch erhält der Nießbraucher weitergehende Rechte als beim Wohnrecht, da er nicht nur selbst die Immobilie bewohnen darf, sondern
er kann die Wohnung oder das Haus vermieten oder auch verpachten,
er kann die Liegenschaft in Eigenregie bewirtschaften.
er kann nach vertraglicher Vereinbarung die Ausübung des Nießbrauchs einer dritten Person überlassen. Eine Übertragung des Rechts ist jedoch nicht möglich.
Nießbrauch und Wohnrecht – Reparaturen und Nebenkosten
Sowohl beim Nießbrauch als auch beim Wohnrecht ist der Nutzer dieser Rechte dafür verantwortlich, kleinere Reparaturen an der Immobilie vorzunehmen.
Anders sieht die Sachlage aus, wenn größere Reparaturen anstehen:
Im Falle eines Wohnrechts trägt der Eigentümer des Hauses oder der Wohnung die Kosten.
Ist beispielsweise die Gastherme so kaputt, dass nur ein Austausch möglich ist, bezahlt dies der Haus- oder Wohnungseigentümer. Ist nur der Wasserhahn defekt und wird dieser repariert. Begleicht in der Regel der Wohnrechtsberechtigte diese Reparatur.
Anders sieht die Situation für außergewöhnliche Kosten im Falle eines Nießbrauches aus – hier z.B. die Modernisierung einer Heizanlage.
Im Falle eines Nießbrauches kommt der Nießbraucher für solche Kosten auf. Durch vertragliche Regelungen kann der Punkt der Instandhaltung und Instandsetzung sowie Modernisierung auch anders ausgestaltet werden.
Die gewöhnlichen Nebenkosten wie Müllabfuhr, Wasser, Strom etc. zahlt der Nießbraucher bzw. der Nutzer des Wohnrechts.
Besteuerung des Nießbrauchs und des Wohnrechts
Beim Nießbrauch und Wohnrecht kann in der Regel eine Besteuerung ausgelöst werden.
Beim meistens vereinbarten Wohnrecht geht man davon aus, dass eine Mietzahlung nicht anfällt. Das weiß auch der Fiskus. Dieser Sachverhalt wird wie eine Schenkung betrachtet. Diese kann einer Besteuerung unterliegen.
Basis hierfür ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs, in dem er das Wohnrecht einem Vermögenswert gleichsetzt.
Als Besteuerungsgrundlage wird die mögliche Miete für die Räumlichkeiten herangezogen, für die ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen worden ist.
Der Kapitalwert basiert auf der noch zu erwartenden Lebens- und damit Wohndauer des Nutzers des Wohnrechts. Die Jahreskaltmiete multipliziert mit der erwarteten Wohndauer ergibt einen Geldwert. Auf diesen erhebt das Finanzamt dann die Steuern.
Wer im Rahmen des Nießbrauchs Mieteinnahmen erhält, muss diese ebenfalls versteuern. Allerdings sind zumeist nicht die kompletten Mieteinnahmen zu versteuern, da sich davon bestimmte Werbungskosten abziehen lassen.
Was passiert bei Pflegebedürftigkeit?
Der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht zeigt sich beim Eintritt eines Pflegefalls sehr deutlich.
Wenn eine Person eine umfassende Pflege benötigt und nicht mehr allein wohnen kann oder möchte, zieht sie für gewöhnlich zu den eigenen Kindern, in ein Pflegeheim oder in eine vergleichbare Einrichtung.
Besitzt sie nun ein Wohnrecht über eine bestimmte Immobilie, kann sie dieses nun nicht mehr nutzen. Übertragen kann sie das Wohnrecht auch nicht. Die Immobilie wird für die pflegebedürftige Person nun überflüssig.
Anders ist dies beim Nießbrauch. Zwar kann die Liegenschaft nicht mehr selbst genutzt werden, aber dafür ist noch eine Vermietung möglich. Im Klartext:
Eine Vermietung der Immobilie bietet sich nun an, um mit den Mieteinnahmen beispielsweise die Pflegekosten zu begleichen. Somit ist der Nießbraucher auch nach seinem Auszug noch abgesichert. Das ist einer der großen Vorzüge des Nießbrauchs gegenüber dem Wohnrecht.
Beide Rechtsinstitute, das Wohnrecht wie auch der Nießbrauch, sind dazu geeignet, das ggf. lebenslange Wohnenbleiben des vormaligen Immobilieneigentümers im Rahmen einer Immobilienverrentung zu sichern.
Aufgrund der Tatsache, dass der Nießbrauch viel weitreichender wirkt als ein Wohnrecht, stellt es auf der einen Seite das bessere Sicherungsinstrument dar, kann aber auch die Verkäuflichkeit der Immobilie mindern. Dies insbesondere in schwachen Märkten. Es empfiehlt sich, unbedingt eine umfangreiche Beratung einzuholen, um alle Facetten der beiden Möglichkeiten zu beleuchten und eine fundierte Entscheidung zu treffen.